XL. Alle Aventiuren alle

Warum erzähle ich das eigentlich? Das will doch keiner wissen. dafür hat doch keiner Interesse. Ich bin wahrscheinlich einfach ein Plappermaul.

Jedenfalls es war vor Kurzem ein Morgen, da war nichts los. Da war alles grau wie von einer Staubschicht, aber eben von unten. Die Fenster auf und frische Luft hinein, das brachte nichst. Die frische Luft war wie die vom Vortag oder der Woche davor oder wie nur dem Namen nach, aber eigentlich ein Billigprodukt.

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Also jedenfalls war alles irgendwie wie schon immer da. Wie einfach nur schlecht Frischgehalten, mit so einem komischen Beigeschmack. Und man macht’s und akzeptiert’s nur, weil das eine Gewohnheit ist, das Machen und Akzeptieren.

Wer gar kein Gewohnheitstier ist, das ist unser Tischer, der brachte es auf den Punkt, in einem Satz, wie eine Weisheit oder ein Kommentar zum Weltenstand: Alle Aventiuren alle. Sagte es und blies dann wieder Trübsal, die Tonleiter rauf und runter.

Die Welt war noch da, aber sie war so seltsam fad, als hätte irgendein Gemeiner des Lebens Salzstreuer mutwillig irgendwohin versteckt, dass keiner weiß wo. Von einem Moment auf den anderen schienen alle Aventiuren weg, verschwunden, aus dem Regal geräumt.

Da war ein Suchen, unter Tisch und Bett, draußen hinter den Sträuchern und zwischen den Bäumen, im Umkreis von zwei Straßen weiter nicht ein Abenteuer, kein Zauber, keine Spannung, nichts, was als Wagnis in Frage käme.

Sicherlich, es waren Aufgaben da, Pflichten, z.B. Tischers Hose waschen, Teller und Tassen spülen, solche Dinge. Gleichermaßen gab es draußen eine Welt zu reparieren, das zwar schon,. Und war auch wichtig. Schmutzige Hosen, Teller und Tassen sind sehr unschön und eine kaputte Welt höchst unpraktisch. Allerdings wer mag nur Aufgaben und Pflichten haben?

Das Grundübel so vieler Aufgaben sind doch ihre Routinen und ständigen Wiederholungen. Andauernd Hosen waschen, das macht doch keiner gerne. Und es schränkt auch ein. Am Ende wäscht man nur noch Hosen, hat keine Zeit mehr für Anderes bzw. ist völlig erschöpft vom Hosenwaschen. Mit der Welt im Ganzen ist es ganz ähnlich, vielleicht nur um ein Weniges komplexer. Muss getan werden, regelmäßig und mit Ernst, aber genau deshalb tut man sich so schwer damit. Hinzu kommt, dass man ja auch noch Hosen waschen muss. Oder man muss sich welche kaufen. Von der Zeit, die für Teller und Tassen draufgeht, mal ganz abgesehen.

Aufgaben erschöpfen einen so sehr, dass oft genug nur noch Energie bleibt, sie mit halbem Herzen zu tun. Und sie erlauben keine Schummeleien. Eine nur halb gewaschene Hose ist beim nächsten Mal nur noch zu einem Viertel sauber. Wer so weitermacht, hat bald nichts mehr anzuziehen.

Bei der Menge an Aufgaben, es geht ja nicht nur um Hose, Teller, Tassen und Welt, da weiß man gar nicht mehr, wie man das alles schaffen soll, mit so einem halben, Viertel- oder Achtelherzen. Da geht einem sehr schnell die Puste aus.

Unser Tischer aber, der kann nur mit ganzem Herzen die Dinge tun, die zu tun sind. Das können nicht nur einfach Aufgaben sein. Aventiuren sind’s, die verlangen ein ganzes Herz, mit Halbheiten gibt sich so eine Aventiure nicht ab. Tischer also, mit seinem ganzen wildpochenden Herzen fand kein Äquivalent zu seiner Leidenschaft. Und Hosenwaschen wollte er nicht.

Alle Aventiuren alle ist wie Alles irgendwie egal. Und Tischer wurde melancholisch. Wenn das andauert, werden wir’s auch. Traurig dazu. Wir verstehen Tischer sehr gut, können ihm aber momentan nicht helfen. Ich kann ihn nicht zu den Aventiuren tragen, wo sie auch seien, wie ich früher zu tun die Ehre hatte. Doch mit jedem Tag ziehen sie sich weiter zurück. Wir haben einen Tischer, der verzehrt sich nach Aventiuren. Wir aber, wir haben unsere Aufgaben. Und keine Zeit.

Es ist doch aber so, dass nur Geschichten, also Aventiuren erzählt werden können. Alles andere aber getan werden muss, was so schwerfällt, weil eben Geschichten das Salz in der Suppe sind, nicht aber Hosenwaschen und Weltretten.

Das hatte ich befürchtet, dass, wenn man melancholisch wird, man zu philosophieren anfängt. Das ist dann aller Aventiuren Ende. Hosen werden davon auch nicht sauber.

Kurzum: es braucht wieder Aventiuren für Tischer, für uns. Es wird sonst zu grau. Mein Vorschlag also, Hosenwaschen und Weltretten als Aventiure betrachten und dann davon erzählen.

(Dies leicht wirr Dahingeschriebene meint im Grunde nur oder eigentlich auch, dass mir das Schreiben fehlte und ich es wieder als Aufgabe sehen will, bis dabei Aventiuren herauskommen. Ist’s soweit verständlich?)

 

 

2 Gedanken zu “XL. Alle Aventiuren alle

  1. Tischer, Marcel und ihren Schreiber: was habe ich sie vermißt – in der Hundstrüffelwelt fehlte etwas …immer nur Bücher, zwar auch mit Abenteuern darin , aber nicht solchen wie denen von Tischer, dem liebenswerten Aventiurengroßmeister! Also nehme der Herr Dichter endlich wieder den Griffel in die Hand oder die Finger auf die Tasten und lege er los. Tischer – raus aus den Federn und rein in den Sturm , das wünscht sich Karin vom Dach

  2. Hat mich sehr berührt und ich werde vom Hosewaschen hin und wieder aufsehen und nachsehen und das Fenster öffnen, damit eine Geschichte hereinflattern und mein Herz voll und ganz leicht machen kann!

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