Ottessa Moshfegh / McGlue / Übers. von Anke Caroline Burger / Liebeskind-Verlag

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Es ist wüst. Nicht unsortiert, nicht ohne Stil. Nicht nur in der Hinsicht fühlte ich mich an Faulkner erinnert. Nein, es ist nur so, wenn man es liest, so ist’s, wie wenn man den größten Kater durchleidet. Der Kopf ist wüst. Und wie man im Kater die Gedanken zu sortieren versucht, um wieder klar im Kopf zu werden, das aber nur weitere Schmerzen verursachen kann, man es also besser lässt und es durchleidet, so erging es mir mit diesem Buch: lesen und leiden, beides aber zumindest äußerst lustvoll.

Wie McGlue selbst wurde mir der Kopf gespalten beim Lesen, erinnere mich an das eine, habe das andere vergessen. Bruchstücke. Wie Alkohol hält’s im Rausch zusammen, noch zahlreicher aber die Lücken danach. Er soll seinen Freund umgebracht haben. Er weiß es nicht. Will’s nicht wissen. Gar nichts. Nichts wird hier abgehandelt, bewältigt, erledigt und geschafft. Es passiert einfach.

Ich wollte es nicht schaffen. Ich wollte es mit ins Bett nehmen, es würgen und töten und retten und gesund pflegen und wieder erwürgen, und ich wollte gehen und vergessen, wo ich hinging, und ich wollte meinen Namen ändern und mein Gesicht vergessen und trinken und meinen Kopf zugrunde richten, aber es schaffen – darüber hatte ich noch nie nachgedacht.

Es schaffen. Es weiter durchstehen, das kann man nachvollziehen. Aber es schaffen, das von Zufälligkeiten und Sinnlosigkeiten strotzende auf einen einstürmende Leben, es bewältigen, ihm irgendwie die Berechtigung zu ver-schaffen, das ist mit klarem Verstand schon fast idiotisch zu nennen.

Denkt man, wenn der Rausch vorbei ist und man tief im Kater steckt. Wenn‘ s nur den Rausch gibt und sonst nichts anderes.

Ich stehe. Ich stehe und bete, nur um zu sehen, was passiert. Ich lege die Hand auf’s Herz, anders beten kann ich nicht. Ich bin mir sicher, dass nichts wirklich Böses in meinem Herzen ist. Es ist einfach nur leer.

Die große Stille, das Vakuum, das Nichts, keine Bestätigung irgendwoher. Und darin sein und sich immer wieder aufraffen müssen. Von selbst. Immer wieder von selbst.

Harte Sätze. Unangenehm. Wie der Morgen danach. Ich empfehle jedem nach der Lektüre Minimum zwei Aspirin oder den Kopf unter eiskaltes Wasser. Dann mag’s wieder gehen. Dann schüttelt man den letzten Rest sich aus den Alltagskleidern. Und macht weiter.

Ein toller Kater dieses Buch – ein Rausch. Kein Widerspruch.

Ottessa Moshfegh – McGlue (übersetzt von Anke Caroline Burger), Liebeskind, 2016

 

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