Ironie und Würde

„Wer sind Sie denn, dass ich Ihnen etwas empfehlen könnte?“. Möchte ich sagen und den Blick senken. Buchempfehlung, wie geht das? Auf’s Geratewohl dem anderen ein Buch ans Herz legen oder davon abraten, weil man selbst entsprechende Erfahrungen damit gemacht hat?

„Hat in mir etwas ausgelöst, zum Klingen gebracht.“ Das will ich doch meinen. Es wäre vertane Zeit, wenn dem nicht so wäre. Allerdings, und da wird es spannend, es wäre herauszurücken mit dem, was es denn nun da drinnen bewegt hat, Gedanken, Gefühle etc. Man muss ja nicht gleich persönlich werden, aber lediglich zu sagen, „sollten Sie lesen, war toll“, will mir nicht ausreichend scheinen.

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Eine ganz unironische Geschichte von einem der eine ironische Person genannt werden kann. Was ist Ironie, wenn sie den Boden unter den Füßen verliert, verloren hat.

Du musst die Dinge ernst nehmen, bevor Du sie ironisch behandelst

Da spricht NC, Nies, seltsamer Kerl, Kauz, eigensinniger Mensch. Als er dreizehn war, nahm das Leben ihn nicht ernst, brachen seine Eltern nach Kanada auf, ließen ihn bei seinem größeren Bruder zurück.

Es ist so wichtig, dass man jemanden hat, auf den man sich verlassen kann, fügte die Mutter hinzu.

Ihr neues Leben in Kanada, seinem war das Urvertrauen genommen. Ab jetzt nur noch nach seinem Kopf. Sein älterer Bruder wird Bankmann, er bleibt ziellos.

Nichts gilt ihm was. Selbst Worte, „aus Buchstaben zusammengesetzte Sklaven“ können so oder so gemeint sein. Wortspiele ohne Gültigkeit, Ironie ohne Witz. Es ist hier die Geschichte ein wenig öde.

NC wird Hausmeister, unter anderem, ist Flaneur, streift durch die Stadt, nur nichts genau kennenlernen, nur nicht zu sehr sich auf etwas einlassen, begegnet er einem dreibeinigem Hund, dessen Behinderung man gar nicht wahrnimmt.

Ironie ist, das Leben so nehmen, als wären da vier Beine, obwohl es nur drei sind. Ist sicherer Stand und Gang als ob. Ironie ist nicht, das Leben nicht anzunehmen, weil etwas fehlt.

NC wird Leichenbestatter und lernt eine andere Sicherheit im Leben kennen: den Tod. Dabei bleibt er am Anfang in ironischer Distanz. Doch Bestatten ist nichts Unverbindliches wie ein Hobby. Er lernt zunächst die Ruhe der Toten kennen, ihre Schönheit, die Würde, die nichts Ironisches an sich hat.

Wer aber einmal so ist, wie er ist, der ändert sich nicht gleich. NC ist  nicht ganz der sympathische Kerl. Er wirkt bisweilen überheblich und arrogant, bricht einmal sogar eine Nase. Seine Originalität besteht oft nur in dummen Ideen.

Dabei hat er seine philosophischen Momente.

Vielleicht ist Würde nicht immer das, was man glaubt, sondern das Bestmögliche in der Situation, sagte NC.

Nur, was ist, wenn diese Einsichten den Zumutungen des Lebens wie des Todes nicht immer gewachsen sind. Denn wer weiß schon, was das Bestmögliche ist. Nicht immer nimmt einem einer, wie die Bäckereifachverkäuferin einem bei der Wahl des richtigen süßen Teilchens, die richtigen Entscheidungen für das Leben ab.

Wenn aber bei Nies‘ größter dummen Idee, einer „Seebestattung“, der Schuß nach hinten losgeht, da ist er mir nah und wird zu einer tragischen Existenz. Keiner versteht seine Absichten. Er ist isoliert.

Wie nun das Buch zu seinem Titel, „Applaus für Bronikowski“ gekommen ist, wer nun dieser Bronikowski sein soll, das verrate ich nicht. Nur so viel, es hat mit einer weiteren dummen Idee Nies‘ zu tun, die ebenso nicht so ausgeht, wie er sich das gedacht hat.

Doch wie sagt Manfred, der ein wenig Abraham Lincoln ähnelt und Nies‘ Chef ist, zu ihm:

Vielleicht bist Du deiner Zeit voraus, sagte Manfred, ich weiß es nicht, aber wenn sich deine Methoden herumsprechen, bin ich bald bankrott.

Da hat Nies bereits gekündigt. Und damit endet die Geschichte. Also, wer weiß, ob er die Kurve kriegt? Ironie ist auch ein Spiel mit Möglichkeiten. Ist nur gut, wenn man versteht, sie ins Leben zu übersetzen.

Mir würde ich das Buch empfehlen. Aber ich habe es bereits gelesen. Ein wenig ist es wie ein süßes Teilchen. Für den Moment ist es gut gegen das flaue Gefühl und den Appetit. Es ist nicht das große schwere Gericht.

„Applaus für Bronikowski“ von Kai Weynand, Wallstein-Verlag

Hin- und Weiterführendes bei SätzeSchätze , wo ich übrigens bei der Gelegenheit ein sehr schönes Groucho Marx-Zitat auf der Seite fand. Hätte ich nicht schon ein Eigenes, dieses würde ich klauen.

Und wenn Sie schon dabei sind, geneigter Leser, ein Zeilensprung weiter.

Und noch ein Sprung zur Klappentexterin, spätestens dann könnte man überredet sein.

Die vielen schwarzen Löcher und ein sehr großes

Ob ich Universen besitze? Ansichtssache. Und das Raumschiff im Keller, um zu den Sternen zu reisen, ist vielleicht gar nicht flugtauglich.

Doch wenn ich so ein wenig von meiner Angst darauf schließen dürfte, so glaube ich, im Besitz einiger schwarzer Löcher zu sein und mindestens einem sehr großen. Sie sind überall. In den Regalen und auf den Tischen, neben dem Bett und in Kisten verstaut.

Bestmöglich verteilt, glaube ich tatsächlich, die Gefahr klein zu halten. Konzentration und die Kraft ist zu stark, ich womöglich verschlungen und verloren. Eines, das größte von allen, macht mir auch die größte Angst: das schwarze Loch voller Spiegel. Ich traue mich nicht, in allzugroße Nähe zu ihm zu geraten. Da ist diese Versuchung, seine Anziehung sehr groß und ich, wie schwach, mein Sinn für diesen Kosmos wie ewig unvorbereitet.

Ein kleiner Mensch ich, die meine wenige Phantasie dagegen und die große darin, es wäre wohl besser die Bewunderung aus gehörigem Abstand. Ich lasse diese Bücher lieber unberührt – bleibe auf meinem Platz und er, wo ich ihn hinstellte und -legte:

Jean Paul.

Nur neben Dir ist Leben möglich. In deinen Büchern nur als Kritiker und Gelehrter.

XVII. Diplomatie

Aventiuren gehen nicht ohne Schmutz. Das ist Naturgesetz. Und da Tischer so ziemlich Natur ist, fällt er darunter. Uns fielen Streifen auf, die vorher nicht da waren. „Hab mich befördert“, meint Tischer. Verdient hätte er es. Aber mehr von Mut, als Tischer hat, das ist Utopie. Es soll nichts Unwahres erzählt werden.

Nein, Tischer ist Obergrenze an Mut. Die Streifen kommen woanders her. Wie beim letzten Mal und beim Mal davor und davor und immer Tischers Erklärungen, also die eine. Dazu das leichte Zittern, denn er weiß, was ihn erwartet. Jenseits der Obergrenze von Mut wird es feucht. Und eigentlich ist das geklärt zwischen Tischer und feucht: jeder bleibt auf seiner Seite. Sie teilen sich das Ganze, als wär’s Chicago, Al Tischer und Al Feucht.

Jetzt krieg die mal zusammen, wenn da zu viel Streifen sind und Tischer vielleicht Gefahr läuft, übermütig zu werden. Da muss was getan werden, auch in seinem Interesse. So ein Zusammenkommen von Al Tischer und Al Feucht findet 2 bis 3 Mal im Jahr statt. Es soll friedlich bleiben, also dass „es kein böses Blut“ gibt. Das kostet Nerven, uns Unbeteiligte. Man wird da so hineingezogen und muss da durch.

Es gibt einen. der sowieso der Klügste von uns ist, der schnell gelernt hat, nämlich Marcel. Er hat ein ausgleichendes Wesen und ist auch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Ein Diplomat, wie ihn sich die Uno wünschen würde. Angefragt hat sie noch nicht. Und außerdem, mit Tischer, da hat er schon genug zu tun. Nimm alle Weltkrisen zusammen, das Spitz auf Knopf, nicht das Dumme daran, und du kommst so ungefähr an das heran, was ein Tischer sein Tagwerk nennen würde. Und Marcels Tagwerk, sofern er nicht die Nase tief versenkt hat in Tolstoi oder einen anderen Dickseitigen, besteht darin, Tischer wenigstens so ein wenig in der Spur zu halten. Marcels Genius werde ich nie durchschauen. Er schafft es einfach. Also hin und wieder, denn Genius vs. Tischers Rabaukerei, das ist ein offenes Spiel mit ungewissem Ausgang.

Es sollte erwähnt werden, die beiden sind fast so etwas wie Brüder. Das kann zur Erklärung helfen, muss aber nicht.

Jedenfalls so ein richtiger Brocken in Marcels Aufgabenbereich ist die Sache mit Al Feucht und den überzähligen Streifen von Tischer. Marcel ist klug genug (möglich, dass das irgendwo bei Tolstoi zu lesen ist), dass er weiß, Diplomatie erfordert bisweilen Opfer, von der unangenehmsten Sorte: mit gutem Beispiel voran. Denn ja, auch unser Marcel hat es mit Al Feucht nicht so, erstmal.

Al Feucht löst bei ihm, und er kann es mit seinem Genius einfach nicht in den Griff kriegen, das ziemlich gleiche Zittern wie bei Tischer aus. Wenn nicht so schon, im Zittern sind sie verbunden, Eigentlich ein sehr interessantes Phänomen, das uns Unbeteiligte da jedesmal aufgeführt wird.

Nichtsdestotzrotz, das Zittern kann nicht verhindern, dass Marcel weiß, wie wichtig es ist, zu einer friedlichen Übereinkunft zu kommen, von wegen Balance der Kräfte undsoweiter. Er schreitet also voran, in einer Angelegenheit, bei der Tischer das einzige Mal (sehr wichtig: nicht weitererzählen!) in Ziemlich höchstens Zweiter ist. Und das wäre dann fast schon Lusche.

Marcel, man bedenke, es sind keine Nacktwochen, womit bewiesen wäre, wie brenzlig die Situation ist, legt sein Jacket ab und geht in die Konfrontation mit Al Feucht. Er bereitet das Feld für Tischer, wenn man so will. Und Tischer, scheinbar, weil er nicht will, dass da noch einer kommt und er wäre dann höchstens Dritter, also ganz sicher Lusche, mit ebenso leichtem Zittern wie Marcel vor ihm, konfrontiert sich auch mit Al Feucht. Und so kann das Saubere-Wäsche machen, wie es in Chicago genannt werden würde, beginnen.

DSCF3391Wobei Wäsche ist da ja nicht. Das abgelegte Jacket ist bereits erwähnt. Aber selbst Tischer geht ohne Hose und Tuch in diese Konfrontation. Rituale wahrscheinlich. Doch wenn es gut ist und hilft, den Frieden wieder herzustellen, dann also nackt. Vielleicht sollte bei eskalierenden Krisen eh mehr nackt diplomatiert werden. Das müssen die wissen. Hier bei uns, da scheint es zu funktionieren.

DSCF3390Mitten drin in der Bereinigung nehmen Marcel und Tischer die Sache auch sehr ernst und sind sehr gründlich. Marcel wird seinem Al Bruder sicher den ein oder anderen Hinweis geben und der wird sich, so klug ist er dann schon, danach richten. Trotzdem, es dauert. Nicht gerade einen ganzen Tag, aber doch so lange, dass angedachte Aventiuren oder das Versenken von Nasen in Tolstoi erst einmal verschoben werden müssen.

Tatsächlich, dank Marcels Geschick und Tischers Folgsamkeit -die Bläschen, die er gelegentlich hat aufsteigen lassen, tun dem keinen Abbruch-, entspannt sich so die hochbrenzlige Situation und……….

DSCF3386…..,wenn man es nicht besser wüsste, so könnte man den Eindruck gewinnen, die beiden fangen an, sich wohlzufühlen. Was Diplomatie so alles erreichen kann. Jetzt, das Anstrengende hinter sich gebracht, lässt auch Marcel das ein oder andere Bläschen steigen. Der Frieden ist wieder hergestellt. Mehr als das.

DSCF3393Denn wie es aussieht, sind Marcel und Al Tischer sauberer aus der Sache herausgekommen als Al Feucht. So macht man Geschäfte, so wahrt man den Frieden. Und das Erreichte in trockene Tücher gebracht, ist wieder Ruhe für einige Zeit.

Ich bin sehr stolz auf die Beiden.

Doch jetzt, Bitte!, rasch wieder angezogen. Es sind Damen unter den Lesern. was sollen die denken, bzw, wer soll sie aufhalten, wenn sie das noch länger sehen?

Dark side of the moon – Die Verführbarkeit des Herrn Hund in Gedanken

Im Meisten stark und fest, nur nicht in Gedanken. Ja, Flaneur! Gerne! Und dann eine Idee da, ein kurioser Einfall, ein Wortbild dort und ab vom Weg und aus dem Tritt.
Nicht richtig, aber ganz sicher zu schnell so oft im Denken. Oder Phantasieren, mir ist der Unterschied nicht klar.

Belysnaechte, du Hund. (Ich bleibe hier beim Du. Es passt so viel besser für einen Vorwurf) Du mit deinen Entwürfen, die alles zulassen, selbst Unmögliches. Sie springen mich an, ich springe zurück. Hinein in den poetischen Wust. Ein Wort allein reicht mir allzu oft. Ein ganzer Satz, ich bin gefährdet. Aus für Zeiten, in denen ich hätte Sinnvolles tun können, lese ich nur ein Gedicht im Ganzen.

Dichter können Vieles, aber sich schämen für die angerichtete Verwirrung? Nicht, solange sie Dichter sind.

Die vielen Keywords. Und ich bin angeregt. Es lässt mich nicht mehr los. Du bist ja schon weiter, doch ich folge Dir nicht für den Moment. Eine Idee gewann in mir Raum, hielt mich fest: Gibt es Vanille auf dem Mond?

Ab dem Moment springen bereits viele ab. Warum kann ich das nicht? Immer das Beweisen wollen. Das Überprüfen. Verdammte Neugier auch.

Genug Blech schnell sich ausgedacht. Schrauben und Schläuche waren einfach. Das mit dem Treibstoff und der Bordelektronik, das war heikel, gelang dann aber. Eine funktionierende Mannschaft bestand bereits. Abflug, leichter Nebel in Bodennähe, letzte Nacht. Zwei von Vieren verspürten ein Drücken in der Magengegend bei der Beschleunigung. Es legte sich. Überraschung. zum Mond ist es nicht so weit. Es war mir wohl eine sehr leistungsstarke Rakete gelungen. An Bordtoiletten dachte ich nicht.

Ankunft, die Menschheit ist bereits da gewesen. Wir hatten Termine und konnten erst jetzt. Die Schwerelosigkeit hatten wir unterschätzt, den Spass dabei auch. Sonst wären wir eher. Aber unser Grund für diese Fahrt ein ernster. Proben wurden genommen, an Ort und Stelle untersucht. Jeder von uns hatte einen eigenen Löffel dabei. Übereinstimmende Meinung: keine Vanille.

Dafür also der Aufwand. Für die mitgebrachte Sahne, für die Waffeln keine Verwendung. Das mit der Vanille wohl eine optische Täuschung.

Wäre da nicht die Rückseite gewesen. Jede Phantasie hat so eine. Der Mond auch. Da wir schonmal da waren. Das Marschgepäck war zu tragen. Ein Vorteil, wenn man auf dem Mond ist. Ein Vorteil, wenn man Phantasie hat: die Wege sind kürzer. Ein Augenzwinkern und wir waren da.

Sehr dunkel da. Wir hatten keine Kerzen, keine Streichhölzer, nichts. Doch wir hatten Nasen. Und wir rochen es. Nein, nicht Vanille. Pistazie, ohne Zusatzstoffe. Wenn es nicht so dunkel wäre, die Rückseite wäre grün. Das beste Pistazieneis der Welt, mitten im November. Wir alle lieben Pistazieneis. Viel besser als Vanille.

Wir bekamen Bauchweh. Zu viel davon. Wir rissen uns los, ein Augenzwinkern, wir waren wieder in unserer Rakete, ein zweites, wieder zuhause, beim dritten Mal war die Phantasie vorbei.

Und das Gedicht von Belysnaechte endlich überwunden. Nur jetzt habe ich großen Appetit auf Pistazieneis. Mitten im November.

Poesie und die Sehnsüchte, die sie bedient. Was ein Kreuz!

 

 

 

 

 

 

Es geht abwärts mit Herrn Hund – Ins Archiv V: Wiederholung und Ende.

Hatte ich es einmal gelesen? Nur Krisen führen zu Erkenntnis? Wenn es ganz dicke kommt, lernen wir erst etwas? Das ist natürlich Quatsch. Warum nicht die gute alte Trockenübung, warum nicht üben üben üben, büffeln büffeln büffeln? Mit der Methode ist es mir gar nicht so schlecht ergangen. Den ein oder anderen Vokabeltest konnte ich ganz erfolgreich gestalten. Frag mich mal ruhig einer ab! „Dominus domini domino dominum domino“. Doch Boah!, jetzt bin ich froh, dass das keine face to face-Situation ist, sonst könnte wirklich einer mich abfragen wollen und ich müsste offline beweisen, was ich so leichtfertig behaupte. Aber nein, wirklich, ich war nicht schlecht. Und zwar nach dem Prinzip Wiederholung. Da war keine Krise, die mir Deklinationen und Konjugationen beigebracht hätte. Einmal linke Seite verdecken, einmal die rechte, fünfzehn Reihen hinab und nochmal von vorn und nochmal von vorn. Keinen Text, den ich so oft las wie mein kleines Vokabelheft.

Vielleicht geht es bei Krisen um ein anderes Lernen, existentiellere Dinge als Latein, in der Hinsicht totes Wissen, denn komme dem Leben mit einer a-, o- oder u-Deklination und es grinst dich an, tritt dir in den Arsch, spuckt dich aus und lässt dich mit deiner klassisch-humanistischen Schulausbildung reichlich blöd aussehen.

Eine weitere Sache, die man mir versuchte, beizubringen. Das ist noch gar nicht solange her. Unser Gehirn funktioniere nach dem Prinzip „Miss Monneypennie“. Alles komme rein, muss aber erst an Monneypennie vorbei. Die entscheidet, was wichtig ist für den Moment, was nicht. Der Rest, ab in die Ablage. Hat schon einmal irgendjemand bei Monneypennie Unordnung bemerkt? Nein, da hat alles seinen Platz. Ein hervorragendes Ablagesystem, das Monneypennie da hat. Nichts geht verloren. Wenn der Zeitpunkt kommt, an dem die Information wichtig sein könnte, sie findet sie und stellt sie zur Verfügung. Sie ist schon sehr patent, die Miss Monneypennie.

Nur ein klitzekleines Problem bei der Sache: Scheiße nochmal, sehe ich aus wie James Bond. Die könnte mir sonstwelche Informationen zu- und aufbereiten. Ohne die Ausbildung zum Wie-befreie-ich-mich-aus-brenzligen-Situationen-Spezialisten mit der Lizenz zum Rette-die-Welt, wüsste ich mit irgendwelchen Plänen und Uiuiui-haste-nicht-gewußt-Informationen nichts anzufangen. Käme die Krise, und es müsste dabei nicht einmal ein Glatzkopf mit Katze im Spiel sein mit dem Klischeefinger auf dem Knopf, würde ich höchstens mein altes Vokabelheft aus der Tasche ziehen. Der lacht sich doch tot. (Tut er leider nicht. Nein, der Katzenfreund lacht zwar, vielleicht bedauert er mich sogar, dann aber drückt er tatsächlich. Angenehmer Nebeneffekt für ihn: darauf stehen die Bikinischönheiten und nicht auf den mit dem Vokabelheft)

Lassen wir das. Ich gestehe zu, mein Gehirn arbeitet wie die Vorzimmerdame von MI6, doch mir fehlt Ausbildung (und Aussehen), um pronto und gleich umsetzen zu können, wofür laut Aktenvermerk nur noch 48 Stunden Zeit ist. Wahrscheinlich käme ich in der Zeit nicht einmal bis zum Bahnhof, während James in der Südsee. Arktis oder den Schweizer Alpen sein Tagespensum, Ladies flach- und böse Jungs umzulegen, längst erfüllt hat und er zum angenehmeren Teil übergehen kann, Ladies flach und böse Jungs umlegen. Doch ich wollte, wollte unbedingt und könnte jedem die Kinotickets vorlegen, die beweisen, ich habe im Sommer 83 in einer Woche fünfmal Octopussy gesehen. Sage niemand, ich wäre nicht lernwillig gewesen. In diesem Sommer hätte ich jede Atombombe fristgerecht entschärft, unter erschwerten Bedingungen, nämlich in Clownsschuhen, der Star der Manege, ich. Dann war der Sommer vorbei. Und bis auf die erschwerten Bedingungen, ja, ich meine die Clownschuhe ist von der Agenten-Ausbildung nichts geblieben. Nur die Bomben wurden gefährlicher.

Womit wir den Kinosaal wieder verlassen und ins grellbunt-graue Leben zurückfinden. Damals hatte es noch einige Stunden gebraucht, bis ich die Verfolgungsjagden und Weltherrschaftsphantasien abschütteln konnte. Diese Wirkung auf mich haben Filme nicht mehr, was ein wenig schade ist.

Da steh ich also draußen bzw. drin, voll drin im Leben und bin kein Agent und komme in Situationen, die mir Haut und Haare abverlangen und entweder habe ich alles vergessen oder verschlampt, was meine Monneypennie so mühsam über die Jahre archiviert hat oder ich bin jetzt gerade nicht so ganz konzentriert und durch mein Hirn rudelt eine Meute junger Hunde, nichts bleibt an seinem Platz, was dann ganz angenehm und putzig ist, wäre es so, aber es können natürlich auch keine Welpen sein, sondern Orks, übler Mundgeruch und so sieht es bei mir drinnen dann auch aus. Oder, ganz einfach, diese Situation ist neu, nicht einfach zu händeln und sicher nicht zu umgehen.

Und wenn eines davon zutrifft oder auch alles drei gleichzeitig, dreht es sich in 95% der Fälle um eine Frau. Da ist Monneypennie solidarisch mit ihrem Geschlecht und alles, was mir bereitstehen sollte an Maßnahmen und Gegenmaßnahmen ist Fopp, ein Placebo. Wenn es gut läuft (höre ich da jemanden lachen?), brauche ich mich nur treiben lassen. An irgendein Ufer, Blaue Lagune oder Teufelsinsel, werde ich schon gespült werden. Wenn nicht so gut, kommt im besten Fall noch Poesie bei raus. In der Regel aber ist man ein Fall für die Kehrwoche. Wie das mit der Kehrwoche so läuft, alle drei Wochen wieder. Wie schnell so Schmutz sich ansammeln kann, man glaubt es nicht. Und bevor man eine Lust darauf bekommt, sich ständig hinterherzufegen, wechselt man schnellstens die Gegend und kommt unter, wo es keine Kehrwoche gibt.

Erspart die Ausschilderung meiner Kehrwoche. ich hab sie sehr lange praktiziert und hinterhergeräumt und oft zu mir selbst gesagt, jetzt ist gut. Doch hatte der Besen noch genug Borsten. Und ja, ich hatte meinen Putzeimer. Es wachsen einem aber letztendlich die Krisen, die eigentlich nur die Eine ist, über den Kopf. So ein borstenarmer Besen und so ein kleiner roter Eimer geben auch einmal ihren Geist auf, kommen nicht mehr hinterher. Der Schmutz bleibt liegen.

Man sagt Ende, sagt es öfters, meint es aber noch nicht und hat eine Kehrwoche nach der anderen. Und wenn es am Anfang der Reiz des Neuen gewesen ist,  versinkt er irgendwann, wenn man Glück hat, in der Monotonie und Banalität und keine Kehrwoche kriegt das mehr blank. In so einer Phase hilft einem das Gähnen und die Langeweile, keine konkrete Krise, denn derer waren ja viele.

Und man will nur woanders, wo kein Schmutz ist, einmal tüchtig ausschlafen und aufstehen und dort bleiben, neu ausgeruht. Hat man etwas gelernt? Keine Ahnung. Ich langweile mich nicht mehr so. Das ist schon viel.

In so einer Situation, nach dem vierten und noch vor dem endgültigen Ende findet sich zumeist, wenigstens das, der passende Soundtrack. Die Doors mag ich immer noch, trotz der zahlreichen Wiederholungen. Mein Rekord liegt für dieses Lied bei fünf Durchgängen am Stück. Die Situation war danach, seinerzeit. Jetzt höre ich es anders.