Findet kein Gesicht. Einmal landet alles oder fällt herab zu Boden. Blätter, Pfeile, Segelflieger. Nur Torte nicht. Sie wird von anderem angezogen, nicht von Schwerkraft. Nur ein Ziel, ein neues, entzieht sich ihr, versteckt sich. Da ist Bewegung und ein Wollen. Geworfen, fliegt sie jetzt, bis sie treffen kann.
Der sie warf, ein Witzbold, nehme ich an, ist längst verzogen, in eine andere Stadt – bessere Verdienstmöglichkeiten. Ich kann nichtmal mehr sagen, worauf, wer da damals stand, vis-a-vis. Sie wurde geworfen, am Ziel vorbei, das reicht. Und kommt nirgendwo an. Fliegt über Häuser, kein Gesicht, über Straßen, Plätze, kein Gesicht, seit fast schon Ewigkeiten überall, kein Gesicht. Sind alle abgewendet oder schauen auf den Boden.
Das ist doch keine vernünftige Bestimmung so. Das kann doch nicht sein. Von wem auch immer, das ist sehr schlecht eingerichtet. Das ist Torte, Mensch. Mit süßer Sahne. Bunt. Zum Nur-Essen wahrscheinlich mit zu viel Kalorien. Will denn keiner? Woher diese trübsinnige Scheu? Ihr ein Plätzchen bieten, zwische Kinn, Nase und Stirn. Sie landet in ihrer Bestimmung ganz, wie es soll. Tut nicht weh und schmeckt. Die Haare verkleben nicht, fast.
Keiner aber da. Der da unten, die Augen in einem Buch, ernsthaft. Dabei ist der noch jung. Torte kleckst ein wenig. Er merkt es nicht, ist ganz versunken. Das Paar dort, ein Klecksen. Sie denkt, ein Vogel. Er nimmt sein Taschentuch. Sie sind verliebt. Am Haus der Mann. Klecks. Er schaut nur auf die Uhr und bemerkt nichts, der schöne Anzug, und eilt hinein.
Torte fliegt und fliegt, die Traurigkeit versalzt sie langsam. Noch aber ist genug für das eine Gesicht. Das müsste sich nur entgegenrecken, frontal schauen, überrascht tun und besser dann doch die Brille abnehmen vorher. Wenn sie vorbeifliegt. Am besten auf einen Stuhl steigen, dass Torte auf jeden Fall sehen kann, wohin.
Allein, die Bestimmung von Torte ist das Gesicht, nur gibt es keine Gesichter mehr, die in Torte ihre Bestimmung hätten. Torte und Gesicht, wie auf verschiedenen Planeten. Die ganze Woche, nicht einmal wenn Feierabend ist, Wochenende, Ferien am Meer. An den Gesichtern fliegt Torte vorbei, den allzu ernsten Gesichtern.
Das stimmt ja alles gar nicht. Ich weiß sehr wohl, wem die Torte damals galt. Mir. Ich bin schuld. Ich habe mich damals weggeduckt. Ein Reflex, Sekundenangst, ich könnte zu viel Torte in die Augen kriegen. Ich bin Torte damals zwar gleich nachgerannt, um vor sie zu kommen. Es war jedoch zu spät, sie ziemlich schnell, sie flog davon.
Jetzt warte ich so lange schon, dass sich unsere Wege kreuzen. Ihretwegen, wegen der Bestimmung von Torte. Meinetwegen, weil mir ein wenig Albernheit und Slapstick gerade ganz gut passen würde, da alles um mich herum und in mir selbst so ernst ist. Groß ist die Welt, ich bin klein, Torte hat Wurftortengröße. Wie groß ist da die Wahrscheinlichkeit, dass das noch klappt?